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2.10.08-5.10.08 | Meran, Pergola Algund, Bozen, Kaltern, Brixen, Vinschgau

SÜDTIROL

Die Südtiroler Architekturszene nahm in den vergangenen 15 Jahren einen enormen Aufschwung: In allen Landesteilen wurden höchst sehenswerte Projekte realisiert und die gelösten Bauaufgaben reichen vom Fernheizwerk, verschiedenen Unterrichtseinrichtungen bis hin zu Museen, Verkehrsbauten, Wohn- und Geschäftshäusern. Alle Projekte eint das Anliegen, eine an die landschaftliche Situation Südtirols angepasste Architektur zu schaffen, weshalb den Architekten nicht nur zeitgemässe Lösungen abverlangt werden, sondern auch eine intensive Auseinandersetzung mit der gewachsenen Bau- und Lebenskultur. In der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol befindet sich auch eine Vielzahl historisch wertvoller Baudenkmäler, die sowohl einer angemessenen Denkmalpflege bedürfen als auch manchmal neue Funktionen übernehmen sollen. In solchen Fällen sehen sich Architekten bei der Entwicklung ihrer Gestaltungsvorschläge damit konfrontiert, sich mit dem historischen Kontext auseinander setzen zu müssen. In diesem Zusammenhang stellen Sanierungs- und Revitalisierungsvorhaben an den rationalistischen Bauten aus der faschistischen Ära Italiens besonders verantwortungsvoll zu lösende Bauaufgaben dar. Lange Zeit fand die kreative Südtiroler Bauszene überregional zu wenig Beachtung. Der internationale Preis für "Neues Bauen in den Alpen" von Sexten Kultur rückte das Thema des Bauens im Gebirge erstmals in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und lenkte damit auch die Aufmerksamkeit auf die neuen Bauten in der Region südlich des Brenners. (Text © PRESSE-MITTEILUNG 2000–2006 Neue Architektur in Südtirol Kunst Meran - Merano arte, 3. Februar bis 17. April 2006)

DONNERSTAG 02/10/08: MERAN und UMGEBUNG

Fahrt über Innsbruck nach Südtirol nach Dorf Tirol Abfahrt: 08:00 Hauptbahnhof Zürich - Ankunft im Dorf Tirol ca. 13:00 * Mittagessen im Dorf Tirol * Das Schloss Tirol, Dynastenburg der Grafen von Tirol - bis ins 14. Jahrhundert deren Regierungssitz und Namengeber für das Land beidseits von Alpenkamm und Brennerpass besetzt hoch über dem Kurort Meran die markante Anlage eine felsige Anhöhe. Heute beherbergt es ein Museum, das sich mit der bewegten Kulturgeschichte Tirols befasst. * Architekt Matteo Thun zeigt, wie Einbettung in die Natur wirklich aussehen sollte. Einfühlungsvermögen für das Echte. Türe auf, Licht rein, Ausblick! So gestaltete er hier aus natürlichen Materialien wie Holz, Stein, Glas ein Bauwerk mit internationalem Charakter, den Vorboten einer neuen Südtiroler Lebensart. Zeitlos, flexibel, zurückhaltend, ganz und gar der Natur zugetan. Die neue Freude. Die Pergola. * Mit den "Gärten von Trauttmansdorff" realisierte die Südtiroler Landesregierung eine Freizeitattraktion auf der Basis vorhandener kulturhistorischer Werte: Meran genießt den Ruf eines Mekkas exotischer Pflanzenraritäten. Hier auf engstem Raum vereint, wurden die botanischen Besonderheiten in ein "Bett" aus Architektur und Design gepflanzt. Neben Karlsbad war Meran eines der bedeutendsten Kurzentren der habsburgischen Donaumonarchie. Zwischen ca. 1850 und 1930 entstanden richtungweisende Bauten für die internationale Kur-Klientel, die von Architekten realisiert wurden, die ebenfalls aus unterschiedlichen Teilen der Monarchie stammten, u. a.: Theodor Fischer und Martin Dülfer bzw. in einer späteren Phase Ettore Sottsass. Heute versucht man, den ehemaligen "Kur-Gedanken" in Meran wieder aufleben zu lassen: Das historische Laubenhaus im Besitz der Südtiroler Sparkasse wurde umfassend saniert und als Kunstgalerie adaptiert. Auf drei Geschossen und 500m2 Ausstellungsfläche hat Kunst Meran nun einzigartige Räumlichkeiten für seine Ausstellungen.

FREITAG 03/10/08: BOZEN und KALTERN

  • Bozen hat seit der Ära des Faschismus eine bewegte urbanistische Entwicklung durchlebt. Die faschistische Regierung plante, aus verschiedenen Teilen Italiens Arbeiter hier anzusiedeln. Binnen weniger Jahre sollte für ca. 70’000 Zuwanderer Wohn- und Lebensraum geschaffen werden. Beim Rundgang durch Bozen werden verschiedene Bauten aus der Ära des italienischen Faschismus in Verbindung mit ihrer Integration in das aktuelle Stadtbild beleuchtet.

  • Leifers - einst ein verschlafenes Bauerndorf zwischen Obstgärten und Weinhängen südlich von Bozen - ist aus dem Leim gegangen. Um dem Konglomerat ein deutlich wahrnehmbares Zentrum zu geben, veranstaltete der Gemeinderat einen städtebaulichen Wettbewerb, aus dem der Neubau des Rathauses und die Erweiterung der Kirche hervorgingen. Die Meraner Architekten Thomas Höller und Georg Klotzner - bekannt für ihre konsequente Architekturhaltung - hatten mit ihrem Vorschlag, den zentralen Bereich als Fußgängerzone auszubilden, im Wettbewerb zwar keinen Erfolg, überzeugten aber mit dem Plan für die Kirchenerweiterung.

  • Der historische, 1609 erbaute Gutshof Manincor steht inmitten eines Lanschaftsschutzgebietes am Kalterer See, dem traditionellen Zentrum der Südtiroler Weinwirtschaft. Ursprünglich hat man in Manincor zwar Wein angebaut, aber nicht eingekellert, die Trauben wurden direkt an Weinbauern oder Händler weitergekauft. Als Micheal Goess-Enzenberg den Ansitz übernahm, entschloss er sich (nicht zuletzt nach Abschluss einer önologischen Ausbildung) 1996, die wunderbare Lage direkt an der Südtiroler Weinsstraße zu nutzen und den Hof in ein eigenständiges Weingut umzubauen. Im intensiven Dialog mit den Architekten Walter Angonese, Silvia Boday und Rainer Köberl nahm die Vision schließlich Gestalt an, wurde eine bauliche Struktur entwickelt, die nach außen kaum in Erscheinung tritt, sondern sich über drei Geschosse tief ins Hügelinnere faltet.

SAMSTAG 04/10/08: NÖRDLICHES SÜDTIROL und BRIXEN

  • St. Jakob im Ahrntal, ein Bergdorf mit 350 Einwohnern auf 1200 m Meereshöhe. Hoch über dem Talboden der Kirchbühel, auf dem dominant der Widum, die Kirche und die das Ensemble fassende mächtige Friedhofsmauer steht. Bis vor kurzem noch ergänzte das gewohnte Bild, ein Bau aus den 1930-iger Jahren, historisierend in der Erscheinung ohne denkmalpflegerischem Wert. Die räumlichen Bedürfnisse von Kirche und Vereinen waren im "alte Pfarrschulhäusl" nicht mehr unterzubringen, somit galt es einen Neubau zu entwerfen.

  • Die Cusanus Aklademie - eine Bildungseinrichtung der Diözese Bozen-Brixen - zählt zu den richtungweisenden Bauten des Doyens der zeitgenössischen Architektur in Südtirol, Prof. Othmar Barth. Barth unterrichtete mehrere Jahrzehnte Raumgestaltung und Entwerfen an der Universität Innsbruck und war somit die ausschlaggebende Lehrerfigur der meisten heute aktiven Architekten in ganz Südtirol. Im Rahmen der Fahrt wird versucht, ein Treffen mit Prof. Barth zu organisieren.

  • Der gerade fertig gestellte Bau wurde aus Holzwerkstoffen bestehenden Fertigteilen errichtet, die nicht nur in Südtirol hergestellt werden, sondern die auch zu den in ökologischer Hinsicht besonders wertvollen Baustoffen von heute bestehen. Das Bürohaus wurde für einen kunstsinnigen, jungen Unternehmer errichtet, der auch das Thema Kunst am Bau nicht unberücksichtig ließ.

SONNTAG 05/10/08: Rückfahtrt über den VINSCHGAU in die Schweiz

  • Der Tag führt in eine besondere Kulturlandschaft Südtirols, den für den Obstbau bekannten Vinschgau. Zeitgleich mit den “Vorarlberger Baukünstlern“ entwickelte sich hier eine regionale Architekturszene, die im Wesentlichen von drei Architektenpersönlichkeiten getragen wird: Walter Dietl, Arnold Gapp und Werner Tscholl. Werner Tscholl verbindet mit dem Bauherrn Walter Rizzi eine langjährige partnerschaftliche Zusammenarbeit. Eines der jüngst realisierten Bauprojekte ist das Firmengebäude für den international tätigen Obst- und Fruchthändler. Der Bau selbst wurde wie ein „gläsernes“ Kunstwerk in die Landschaft des Vinschgaues platziert, was bei Anwohnern und von außen kommenden Betrachtern nicht immer unwidersprochen blieb. Der bekannte Extrembergsteiger Reinhold Messner avancierte in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Bauherrn in Südtirol. Aufgrund des von ihm entwickelten Konzeptes der so genannten MMMs – der Messner Mountain Museums – versetzte er sich in die Rolle eines wichtigen Kulturträgers im Land. Gemeinsam mit seinem Freund, dem Architekten Arnoild Gapp, realisierte er einen Museumsbau, der sich optisch am Thema der Gletscherspalte orientiert. Im Vinschgau wurde - fast durch Zufall - ein besonders beachtenswertes Regionalbahn-Konzept realisiert. Im Fall dieser Bauaufgabe bot sich für Werner Tscholl die Gelegenheit, eine ganze mittelalterliche Burganlage in eine Schule umzubauen. Unter der strengen Aufsicht des Denkmalamtes wurde ein architektonisches Programm entwickelt, das zugleich anspruchsvoll und der historischen Bedeutung der alten Mauern gerecht wird.

© Text architektur INFORM - Brigitte Jussel und Frau Dr. Bettina Schlorhaufer