Istanbul
Am Rande Europas gelegen und von der Architektur- und Stadtdiskussion weitgehend unbemerkt, ist die Metropole am Bosporus auf deutlich über 10 Mio Einwohner und damit zu einem der grössten und dichtest urbanisierten Gebiete des Kontinents herangewachsen. Unsere 5-tägige Reise, fachlich vorbereitet von Mark Michaeli und vor Ort geführt von Orhan Esen*, einem renommierten Stadt- und Architekturhistoriker, wird uns in einer fünftägigen Exkursion die vielfältigen Facetten dieser alten und gleichzeitig äusserst jungen Metropole zugänglich machen. Vom glorreichen Konstantinopel über das Zusammenleben im osmanischen Mahalle geht die Reise zum kolonialen Brückenkopf nach Kleinasien, der sich zur globalen Metropole wandelt und damit bislang ohne Beispiel in Europa bleibt. Die Widersprüche dieser Megastadt treten in tradierten wie auch neuen Formen der Stadtwerdung offen zutage, denn Istanbul ist keineswegs das Produkt eines "grossen Planes" sondern vielmehr eines vielgestalten, manchmal hastigen Entwicklungsprozesses der ganz eigene urbane Formen hervorgebracht hat. Orhan Esen zeigt das verborgene Istanbul, erforscht die Stadt mit uns von Innen heraus, öffnet die Augen für Alltägliches und Monumentales, erspart uns weder Schönes noch Hässliches und offenbart dabei einen hochaktuellen wenn auch durchaus gewollt subjektiven Blick in die Befindlichkeit Istanbuls. Das Programm gliedert sich in thematische Blöcke, welche in der Abfolge zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollkommen festgelegt worden sind. Aufgrund des Besuchs auch von privaten Gebäuden können zeitliche Verschiebungen im Programm vorkommen. Das unten genannte Programm ist daher als eine Art grober Orientierung zu verstehen. Es stehen insgesamt zwei Halbtage zur freien Verfügung.
*Orhan Esen, Autor des Buches "Istanbul - Self Service City"
Programm
Mittwoch, 6. Mai Vormittag
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Flug mit Swiss ab Zürich 09.50h, Ankunft in Istanbul 13.35h Lokalzeit. Transfer vom Flughafen in die Stadt - Hotel Yenisehir Palas.
== Mittwochnachmittag 6. Mai - Donnerstagvormittag 7. Mai * Das Goldene Horn, das historische Galata und die historische Halbinsel Zeytinburnu mit Ihren aus den prächtigen Bauten aus antiken, osmanischen und kolonialen Perioden gebildete Skyline sind die allseits bekannten Stereotypen, welche unser Bild von Istanbul nachhaltig bestimmen. Eine Beschäftigung mit den einzigartigen architektonische Zeugen der bewegten Vergangenheit Istanbuls dürfen deswegen im Reisprogramm nicht fehlen und doch erlaubt erst der tiefere Blick auch in die Alltagsstrukturen der historischen Stadt wie mittelalterliche Handelshäuser (Han) oder Quartiersstrukturen (Mahalle) ein genaueres Verständnis der ungeheuren inneren Kräfte einer urbanen Kultur, die es immer wieder verstanden hat, sich neuen städtischen Gegebenheiten geschickt anzupassen und diese produktiv zu adaptieren. * Die historische Stadtstruktur ist so in einer vielfachen zeitlichen Überlagerung aus öffentlichen Bauten und Agoras, repräsentativer Planung der Renaissancestadt, die spontane Entwicklung der Stadt der Händler, Niedergang und Vernachlässigung der Altstadt durch frühe Stadtflucht und die Gentrification der jüngeren Vergangenheit geprägt. Das Besichtigungsprogramm dieses thematischen Blockes umfasst Objekte und Quartiere beider Art, wichtige Repräsentationsbauten wie das römische Hippodrom, die Hagia Sophia, die Paläste der osmanischer Periode und die öffentlichen Bauten der modernen Türkei, aber auch Alltagsarchitektur und Alltagsstädtebau vergangener Perioden, wie die Markthallen des Han, der Veränderung der Stadt um den Autoverkehr zuzulassen, die repräsentativen Wohnbauten des ausgehenden 19.Jahrhunderts. Mit den Werken der Architekten Sinan, Mongeri, Tekeli, Sisa und Eldem werden Werke der Hauptrepräsentanten ihrer jeweiligen Periode besichtigt. Die Besichtigung erfolgt grösstenteils zu Fuss und mit dem Bus.
Donnerstagnachmittag 7. Mai - Freitagvormittag 8. Mai
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Nur wenig nördlich des historischen Kerns von Istanbul gelegen offenbart sich ein anderes Bild von Istanbul. Hier, in der seit der Kolonialzeit des späten 19 Jahrhunderts entwickelten Quartieren zeigen sich die radikalsten und aggressivsten Formen der Stadtwerdung und des Stadtumbaus von Istanbul. Westlich des Bosporus sind deutlich die Spuren der Industrialisierung, der illegalen Besiedlung durch Gecekondus, die Verdrängung durch die "Suburbanisierungsbewegung" des ausgehenden 19. Jahrhunderts, aber auch der radikale Wandel zu einer postindustriellen Stadt zu erkennen. Das Bonmot, Istanbul sei eine Stadt ohne Architektur, scheint wohl beim Blick auf diese Gegend entstanden zu sein und doch ist die Struktur äusserst reich an vielfältigen architektonischen Zeitzeugen, die von den wechselvollen nachosmanischen Jahren der Kolonialisierung durch Fremdmächte und Transport- und Handelsunternehmungen, der nach dem ersten Weltkrieg gegründeten modernen Türkei, der Sonderstellung der Stadt "zwischen den Blöcken" der Nachkriegszeit, dem Bau gewaltiger Infrastrukturen, dem Niedergang der Industrie und der erst jüngst aus eben diesen Ruinen keimenden städtischen Initiativen und Projekte künden.
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Das Besichtigungsprogramm konzentriert sich vor allem auf Projekte in denen dieser beständige Wandel und vielfachen Zeitschichten sichtbar werden: Träume und Utopien von der türkischen Metropole der Jahrhundertwende (Botschaftgebäude, Universitäten, Theater), Suche nach der eigenen Identität ("türkische Moderne"), Umnutzungen brachliegender Strukturen wie Santral und den sichtbaren Wandel ganzer Quartiere (Taksim, Macka, etc.). Freitagnachmittag zur individuellen, freien Verfügung
Samstag, 9. Mai
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Das rasante Wachstum der Metropole bildet sich insbesondere an ihren Rändern ab. So frisst sich der Zehn-Millionen-Moloch immer weiter in die Landschaft sowohl der europäischen wie auch asiatischen Seite hinein. Jenseits geltender Planungsregeln geschehen hier, mit mitteleuropäischen Augen gesehen, für die Stadt äusserst bedrohliche Entwicklungen von Gated Communities, neuen Tempeln des Konsums, Edge Cities und Business Districts, mit den sie komplementierenden Massenwohnungsbauten, Gewerbegebieten und Verkehrsinfrastrukturen. Ehemals rural geprägte Landschaften werden von dieser Urbanisierungswelle überrollt und bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Vom Capitol Hill bis zum pseudo-pastoralen Kemer Country in Göktürk hält diese Entwicklung fast jede gewünschte Wohnumgebung im Stile von Themenparks zur Verfügung und längst ist dieser Lebensstil nicht mehr allein privilegierten Schichten vorbehalten. Gleichzeitig bringt dieser Prozess aber auch bislang unerreichbaren Wohlstand in das Umland der Metropole. Verlierer und Gewinner der Urbanisierung leben so Tür an Tür. Und erst jetzt scheint sich der Wille zu konstituieren, sorgfältiger solche Urbanisierungsprozesse gestalten zu wollen.
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Ein städtebaulich orientierter Besuch Istanbuls muss auch dieses Gesicht der Stadt reflektieren, steht Istanbul doch mit diesen Entwicklungen nicht allein in Europa, zeigen sich hier nur in extremis Tendenzen, wie sie längst auch in Mitteleuropa angekommen sind. Wie Block 2 ist das Programm als Besichtigung hauptsächlich per Bus und Fähre organisiert. Samstagabend gemeinsames Abendessen
Sonntag 10. Mai
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Bis 11.00h auschecken, Deponieren des Gepäcks im Hotel, Vormittag individuell,
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14.30h mit Car ab Hotel Transfer zum Flughafen, Rückflug mit Swiss Istanbul ab 17.15h, Ankunft in Zürich 19.10h, Ende der Exkursion